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Berlin: Der Mietspiegel wurde gekippt
Mieterhöhungen dürfen in der Regel den örtlichen Mietspiegel nicht überschreiten - außer, ein Gericht entscheidet anders. So geschehen nun auch in Berlin, wo das Landgericht den Mietspiegel gekippt hat.
Richtlinie Mietspiegel
Der Mietspiegel ist eine gesetzlich vorgesehene Möglichkeit für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete und dient Vermietern als Begründungsmittel für Mieterhöhungen.
Viele (vor allem größere) Städte stellen den Mietspiegel in Zusammenarbeit mit Mieter- und Vermieterverbänden auf, um dem Rechtsbegriff der »ortsüblichen Vergleichsmiete« eine konkrete Basis zu geben und so für Mieter und Vermieter eine Orientierung zu schaffen.
In der Regel soll eine Mieterhöhung auf die ortsübliche Vergleichsmiete immer begründet werden. Der Vermieter kann sich in diesem Fall auf den örtlichen Mietspiegel berufen, auf ein Sachverständigengutachten oder auf mindestens drei Vergleichswohnungen mit gleich hoher Miete.
Berliner Mietspiegel: Gekippt
In Berlin hat nun das Landgericht in einem Urteil (Az.: 63 S 230/16) entschieden, dass auch ein Mieterhöhungsverlangen oberhalb dieser Grenze rechtens ist und unter Einbeziehung eines Gutachters durchgesetzt werden darf.
Diese Entscheidung hat die Gehag erstritten - eine Tochtergesellschaft der Wohnungsgesellschaft Deutsche Wohnen, für deren Enteignung sich zurzeit ein Volksbegehren in Berlin stark macht.
Die Deutsche Wohnen hatte noch vor kurzem erklärt, den Mietspiegel anzuerkennen.
Mietspiegel nicht rechtssicher
Aber die Gehag argumentierte vor Gericht damit, der Berliner Mietspiegel sei angreifbar und nicht rechtssicher. Deshalb seien vor Jahren »für einige wenige Wohnungen Vergleichswohnungen statt Mietspiegel« als Begründung von Mieterhöhungsverlangen herangezogen worden.
Urteil der Erstinstanz korrigiert
In letzter Instanz hat das Berliner Landgericht das Urteil korrigiert. Damit darf die Gehag für eine Wohnung in der Argentinischen Allee in Zehlendorf die Miete um 42,83 auf 575,35 Euro erhöhen, womit die Obergrenze des örtlichen Mietspiegels überschritten wird.
Das Landgericht begründete sein Urteil damit, dass ein »Sachverständiger nachvollziehbar geschildert hat, wie er zu seiner Bewertung aufgrund von Vergleichswohnungen aus seinem Datenbestand gelangt ist«, und sagte weiter, das Gericht habe im Mietspiegel »keine geeignete Schätzgrundlage« für die Miethöhe der Wohnung erkennen können.
Verwirrendes Urteil
Das Gericht begründete allerdings nicht, in welcher Weise das Gutachten des Sachverständigen dieses Kriterium erfüllt.
Die Geschäftsführerin des Berliner Mietervereins, Wibke Werner, bezeichnete dies als »verwirrend«. Denn um die ortsübliche Miete zu ermitteln, werden mindestens 30 Datensätze für den Mietspiegel herangezogen - deutlich mehr als für jedes Gutachten. Der Berliner Mieterverein fordert deshalb nun eine Rechtsverordnung für die Erstellung von Mietspiegeln durch die Bundesgesetzgeber.
Fatales Urteil
Der Deutsche Mieterbund nennt das Urteil »fatal« und spricht die Hoffnung aus, dass sich die Rechtsprechung dieser Kammer des Landgerichts nicht durchsetzen möge. Der Mieterbund hält den Mietspiegel nach wie vor für die geeignetste Form, um Mieterhöhungsverlangen zu begründen.
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